Gedenken an Judenvertreibung am Dobratsch
Antisemitisches Plakat aus den Jahren 1921/22 , das in Anlehnung an die
Kärntner Plakate an zahlreichen österreichischen AV-Hütten affichiert war
(OeAV-Archiv Innsbruck)
Gedenken an Judenvertreibung am Dobratsch
Mit der Kunstaktion „Haus-Berg-Verbot“ des Universitätskulturzentrums
Unikum wurde an diesem Wochenende am Dobratsch an die Vertreibung der Juden vom
Villacher Hausberg erinnert.
„Arierparagraf“: Kein Zugang für Juden
Der Villacher Alpenverein hat sich am Samstag dem wohl unrühmlichsten Kapitel
seiner Geschichte gestellt: Mit dem „Haus-Berg-Verbot“ für Juden am
Dobratsch hat angefangen, was schließlich im Holocaust enden sollte.
Schon 1920, also 18 Jahre vor dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich,
hatte der Villacher Alpenverein den sogenannten „Arierparagrafen“
erlassen und damit der jüdischen Bevölkerung den Zugang zum Dobratsch und zum
Alpenvereinshaus verwehrt.
„Eintritt für Juden und Hunde verboten“
Der Historiker Werner Koroschitz hat die Ereignisse von damals wissenschaftlich
aufgearbeitet: „Ich habe ein Interview mit Herrn Leo Fischbach geführt. Er
ist ein Jude aus Villach, der hier aufgewachsen und zur Schule gegangen ist und
flüchten musste. Er hat mir erzählt, dass er – wenn er mit Freunden einen
Ausflug auf den Dobratsch gemacht hat – nicht in die Hütte gehen durfte, weil
es dort ein Verbot gab, das besagte “Juden und Hunden ist der Eintritt
verboten.““
„Entslowenisierung“ hat lange Geschichte
Die Orientierung am Deutsch-Völkischen reichte in Kärnten aber noch viel weiter
zurück: Schon im Jahr 1906 hatte der Historiker Martin Wutte nachzuweisen
versucht, dass der deutsche Name Villacher Alpe älter sei als der slowenische
Name Dobrač. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie unter dem Deckmantel der
Wissenschaft vieles getan wurde, um eine „Entslowenisierung“ der
Landkarte vorzunehmen.
Wolfram P. Kastner rückt die Lebensgeschichten von 56 Villacher Juden in
den Mittelpunkt.
„Weg der Namen“ präsentiert Einzelschicksale
Bei der Unikum-Aktion „Haus-Berg-Verbot“ machten sich rund 300
Teilnehmer auf, auf einer Wanderung in 1.956 Metern Höhe – zu den Klängen von
Starpianist Paul Gulda – diesem dunklen Stück Geschichte zu begegnen.
Der Weg der Namen, eine Installation des Künstlers Wolfram P. Kastner, erzählt
die Lebensgeschichten von 56 Villacher Juden und deren berührende Schicksale.
Eine der Betroffenen war Maria Gurnig, die letzte in Villach lebenden Jüdin.
Später wurde auch sie deportiert.
Wolfgang P. Kastner: „Es waren Menschen, die eine Lebensgeschichte und
einen Lebenswillen hatten, die Musik machen wollten – wie andere Menschen auch.
Ich denke, dass man das in die Gegenwart zurückholen muss. Nur so kommt auch
jungen Menschen die Geschichte nahe und bleibt nicht nur ein trockener
Lehrstoff.“
„Der judenreine Alpenverein“, Karikatur von Paul Humploletz, in:
„Der Götz von Berlichingen“, Wien 1924 (OeAV-Archiv Innsbruck).
„Judenhütte“
am 10er Nock
In der ehemaligen Bergstation am 10er Nock ist die Installation des Kärntner
Künstlers Ernst Logar zu sehen. Seine sogenannte „Judenhütte“
dokumentiert das Leben von fünf in Kärnten lebenden Juden und damit auch das,
was mit der Vertreibung und Ausrottung der jüdischen Kultur für immer verloren
gegangen ist.
Betroffene würdigt Interesse der Bevölkerung
Die Jüdin Felice Preis wurde 1955 in Klagenfurt geboren. Trotzdem ließen ihre
Eltern sie aus Angst vor Repressalien taufen.
„Das ist heuet natürlich ein sehr schwerer Tag für mich, weil viele
Erinnerungen an meine Familie und an das Schicksal meiner Familie hochgekommen
sind. Ich finde es großartig, dass hier in Kärnten so ein Projekt gemacht wird
und dass sich so viele Leute dafür interessieren, es gutheißen und
mitarbeiten“, so Preis.
Zentral: Freundschaftlicher Kontakt mit Italien und Slowenien.
Alpenverein will positive Akzente setzen
Der Villacher Alpenverein hat die Recherchen über dieses dunkle Kapitel seiner
Vergangenheit unterstützt. Heute steht er für eine länderübergreifende
Freundschaft mit Mitgliedern aus verschiedensten Ländern und Religionen.
Angelika Reßler vom Alpenverein: „Das ist ein dunkles Kapitel in der
Geschichte des Alpenvereins, das auf keinen Fall totgeschwiegen oder
schöngeredet werden kann und darf. Wir Jugendliche wollen aber auch den Weg auf
positive Weise weitergehen – durch den länderübergreifenden, freundschaftlichen
Kontakt mit Italien und Slowenien.“
Am Alpenvereinshaus erinnert nun seit Samstag eine kleine, wichtige Tafel an
jene, denen mit den Bergen auch ein Stück Heimat weggenommen wurde.
Link
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